Umsatzsteuerbetrug bzw. Umsatzsteuerkarusselle entfalten nicht nur für die daran beteiligten Täter unangenehme steuerliche Wirkungen, auch für unwissende reelle Unternehmer können sich unangenehme Folgen ergeben, wenn sie unwissentlich Geschäfte mit einem Steuerbetrüger eingegangen sind. In der Regel wird die Finanzverwaltung versuchen, dem ehrlichen Unternehmer den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Betrügers zu versagen. In einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 22.10.2015 hat der EuGH nunmehr aber Erleichterungen für den ehrlichen Unternehmer zugelassen. Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass ein Unternehmer Lieferungen eines anderen Unternehmers bezogen hatte, von welchem sich später herausstellte, dass es diesen Lieferer anscheinend nicht gab. Dieser hatte als Geschäftsadresse eine Gebäuderuine angegeben, die sich zur Ausführung der Lieferungen nicht eignete. Auch Kontakt mit dem Lieferer konnte nicht aufgenommen werden. Das Unternehmen war nicht registriert, veröffentlichte keine Jahresabschlüsse und hatte auch nicht die Konzessionen, die für die abgerechnete Lieferung erforderlich waren. Sämtliche Erkenntnisse erlangte die Finanzbehörde nach der Ausführung der Lieferung.
Dies alles sah der EuGH jedoch nicht als zwingenden Beweis dafür, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Lieferung nicht doch existiert haben könnte. Selbst wenn dem so gewesen sie, erfordere das Unionsrecht für den Vorsteuerabzug nicht, dass es den Unternehmer tatsächlich gibt. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn der Leistungsempfänger zum Zeitpunkt der Lieferung gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass die Lieferung in Zusammenhang mit einer Mehrwertsteuerhinterziehung steht.