Auch als steuerehrlicher Unternehmer kann man unerwartet in Umsatzsteuerbetrugsfälle verwickelt werden. Eine bekannte Variante ist das sogenannte Umsatzsteuerkarussell. Ein solches Umsatzsteuerkarussell funktioniert im Wesentlichen so, dass ein Unternehmen, welches tatsächlich steuerlich gar nicht gemeldet ist (Missing Trader) oder aber gemeldet ist, seinen steuerlichen Erklärungs- und Abführungsverpflichtungen aber nicht nachkomt (Buffer I). Es werden z.B. innerhalb kurzer Zeit erhebliche Mengen an Gütern am Markt angeboten. Diese Güter werden häufig deutlich unter dem eigentlichen Marktpreis angeboten, um den notwendigen Umsatz binnen kurzer Zeit erzielen zu können. Die Gelder werden vereinnahmt und häufig ins Ausland transferiert, so dass das Finanzamt in der Folge nur eine „leere Hülle“ vorfindet, bei welcher die angefallene Umsatzsteuer nicht mehr realisiert werden kann. Die Finanzämter sind deswegen restriktiv im Hinblick auf den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, die der Missing Trader bzw. Buffer I an das abnehmende Unternehmen gestellt hat. Die Finanzämter gehen mittlerweile so weit, dass bereits ein Umsatzsteuerbetrug vermutet wird, wenn dieser noch gar nicht feststeht (z.B., wenn der Buffer I die USt lediglich jährliche erklären muss, das abnehmende Unternehmen aber eine monatliche Voranmeldung abgibt, so dass zum Zeitpunkt der Voranmeldung noch gar nicht bekannt ist, ob es sich überhaupt um einen Betrug handelt). Einzige Voraussetzung für die Versagung des Vorsteuerabzuges war lediglich, dass das die Vorsteuer beanspruchende Unternehmen Kenntnis von dem Umsatzsteuerbetrug hatte oder hätte haben müssen. Hier war die Verwaltung und leider auch Rechtsprechung eher auf Seiten der Finanzämter.
Das FG Berlin-Brandenburg hat hier zum Glück weitergehende Konkretisierungen im Hinblick auf die Kenntnis des ehrlichen Unternehmers vorgenommen. Das FG Berlin-Brandenburg hält weder niedrige Preise noch den Umstand, dass das liefernde Unternehmern (der Buffer I) erst seit kurzer Zeit am Markt und in der jeweiligen Branche tätig ist, für ausreichend für die Kenntnis. Auch der Umstand, dass der Buffer I nicht direkt an den Leistungsempfänger geliefert hat, sondern die Lieferung von einem dritten Unternehmen erfolgte, wird als im heutigen Wirtschaftsleben üblich angesehen.
Einen Abstrich muss der Unternehmer dennoch hinnehmen: nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg kann der Vorsteuerabzug zwar nicht verwehrt werden, allerdings geht das Finanzgericht davon aus, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes allenfalls ein Vorsteuerabzug in Frage kommt, der zu einer Reduzierung der Zahllast auf maximal Null führt, eine darüber hinausgehende Auszahlung aus der Staatskasse kann damit aber nicht erreicht werden.